Die Bitcoin-Story
Leitartikel Aktien-Spezialwerte Nr. 26/17 von Raimund Klapdor
Die Bitcoin-Story zeigt inzwischen alle Kennzeichen einer gigantischen Blase: zahlreiche Anlegermagazine bringen Titelstorys darüber, im öffentlich-rechtlichen Vorabend-Programm werden Berichte darüber gebracht, Bekannte, die sonst keinerlei Finanzmarkt-Affinität haben, fragen uns, wie und wo sie Bitcoins kaufen können, weil sie unbedingt „investieren“ wollen und der Preisaufschwung scheint keine Grenzen zu kennen. Zudem werden in unseriöser Werbung und Presse immer abenteuerlichere Gründe präsentiert, warum man Bitcoins kaufen solle und warum sich der Kurs angeblich nochmal verzehnfachen müsse. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Zeilen steht der Kurs für die Kryptowährung bei rund 17.000 US$ und hat sich seit unserem letzten Leitartikel zu diesem Thema (20. September 2017) nochmals mehr als vervierfacht – in gerade einmal 12 Wochen.
Was wir zum Kurs von rund 4.000 US$ zu dem Thema geschrieben haben, würde für uns auch zum Kurs von 40.000 oder 400.000 US$ (die Kursziele gehen inzwischen bis 1.500.000 US$) gelten: Der „innere Wert“ eines Bitcoins ist unbestimmbar und als Zahlungs-, und Wertaufbewahrungsmittel erscheint er unbrauchbar. Damit ist der Bitcoin-Handel Zockerei und gleicht dem Setzen auf eine sich verstärkende Massenhysterie. Inzwischen wurden an großen US-Börsen Terminkontrakte auf den Bitcoin eingeführt, was einige Beobachter als Adelung der Bitcoins sehen. Da Banken, Broker und FinTechs gut auf diesen Terminkontrakten aufsetzen können, um Bitcoins für den Endkunden besser handelbar zu machen, könnte die Blase nun noch weiter aufgepumpt werden, schließlich gibt es für die Finanzindustrie viel an dieser Spekulationswelle mitzuverdienen, ähnlich wie es auch rund um den Neuen Markt zur Jahrtausendwende der Fall war. Die Investmentbanken haben damals an den reihenweise durchgeführten Börsengängen gut verdient, während der unbedarfte Anleger später den Schaden davon trug. Ähnliches dürfte zukünftig für Produkte rund um den Bitcoin gelten.
Aber ähnlich, wie das Internet nicht durch das Platzen der Dot. com-Börsenblase verschwand, wird auch die hinter dem Bitcoin stehende Blockchain-Technologie nicht verschwinden, wenn irgendwann die Bitcoin-Blase platzt. In der irrsinnigen Zockerei rund um den Bitcoin könnte am Ende also eine gewisse sozio-ökonomische Logik liegen, die der von vor 17 Jahren ähneln könnte. Damals flossen enorme Beträge in den Aufbau einer Internet-Infrastruktur und das pionierhafte Austesten neuer Internet-Geschäftsmodelle. Die meisten Unternehmen dieser Ära sind längst untergegangen, aber die erfolgreichen Internet-Unternehmen (Google, amazon, Facebook, etc.) gehören heute zu den wertvollsten Firmen der Welt und haben das Leben vieler Menschen verändert. Ohne die riesigen (börsenlogisch irrationalen) Geldflüsse hinein in den Internet- Bubble wäre dieser (gesellschaftliche) Wandel in der gesehenen Dimension so schnell nicht denkbar gewesen.
Eine ähnliche Funktion könnte nun vielleicht die Bitcoin-Spekulationsblase für zukünftige Blockchain-Geschäftsmodelle erfüllen, denn nun werden Milliardengelder in das Austesten neuer Geschäftsideen rund um die Blockchain-Technologie gepumpt. Die wenigsten werden erfolgreich sein, aber diejenigen, die sich durchsetzen, bergen allergrößtes Potenzial. Auch die riesigen Rechnerfarmen, die inzwischen in der Mongolei hochgezogen werden, um mittels kompliziertester Berechnungen neue Bitcoins zu „schürfen“, dürften ja nicht einfach wieder abgerissen werden, wenn der Bitcoin-Kurs in sich zusammenfällt. Auch diese Rechnerkapazitäten könnten irgendwann höchst sinnvollen Zwecken dienen. Die Spätfolgen der Bitcoin-Hysterie könnten also ähnlich spannend und greifbar werden wie die heute tief in die Gesellschaft hineinwirkenden Folgen der New Economy Blase.
Ihr Dipl.-Kaufm. Dipl-Volksw. Raimund Klapdor
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