Erneuerbare Energien-Aktien: Einer der vielen Megatrends der Anleger enttäuscht
Aus erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind wird Energie gewonnen, die kaum CO2-Emissionen ausstößt. Trotz dieser Vorteile haben die Clean-Energy-Aktien in den letzten zweieinhalb Jahren enorm an Wert eingebüßt. Ein übertriebener Hype, Inflation, höhere Zinsen und nicht zuletzt die Konkurrenz aus China haben dem Clean-Energy-Sektor zugesetzt, so die Migros Bank.
Unter Clean Energy versteht man Energie, die aus erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind, Wasser, Erdwärme und Biomasse gewonnen wird. Strom aus erneuerbaren Energien ist mittlerweile deutlich günstiger als Strom von fossilen Energien wie beispielsweise Öl oder Kohle und verursacht keine oder nur wenig Treibhausgasemissionen. Deshalb fördern auch Staaten mittels Subventionen und Steuererleichterungen den Ausbau von erneuerbaren Energien, schreibt die Migros Bank in einer aktuellen Publikation.
Im Jahr 2020 erzielte der Aktienindex S&P Global Clean Energy eine Performance von satten 140%. Seither befindet sich der S&P Global Clean Energy Index im Abwärtstrend und hat allein in diesem Jahr mit minus 30% enorm an Wert eingebüsst. Der S&P-500-Energieindex, der mehrheitlich aus Aktien von Öl- und Gasunternehmen besteht, hat im gleichen Zeitraum um 6% an Wert zugelegt (alle Angaben mit Stand von einem Beitrag vom 23.10.23).
Das sind die Gründe für das schlechte Abschneiden dieses Megatrends
Clean-Energy- Hype im Jahr 2020
Im Jahr 2020 entstand ein regelrechter Hype um das Thema saubere Energie und den Kampf gegen den Klimawandel. Viele Anlegerinnen und Anleger setzten immer mehr auf die gleichen Clean-Energy-Aktien, und es kam zu einer Blasenbildung und überhöhten Bewertungen. Auch Aktien von Unternehmen, die grosses Wachstum versprachen, aber noch keinen Gewinn abwarfen, profitierten vom Clean-Energy-Boom.
Besonders im Herbst 2020, als sich der Sieg von US-Präsident Joe Biden langsam abzeichnete, war die Kursbeschleunigung besonders sichtbar. Biden stellte damals ein 2 Milliarden Dollar schweres Infrastrukturprogramm für eine CO2-freie Elektrizitätsproduktion in Aussicht. Der Hype um Clean Energy liess die Jahresperformance 2020 des S&P Global Clean Energy Index auf 140% hochschnellen. Kurz danach folgte eine drastische Bewertungskorrektur.
Globale Inflation und steigende Zinsen
Warum haben die Aktien im aktuellen Umfeld noch weiter verloren? Erneuerbare Energien erfordern hohe Investitionen in Anlagen wie beispielsweise Solarzellen, Windturbinen und Batterien. Angesichts der globalen Inflation sind die Kosten für solche Anlagen und die dazu benötigten Rohstoffe signifikant gestiegen.
Die restriktive Geldpolitik und die daraus folgenden höheren Zinsen als Antwort auf die Inflation haben die Performance der Aktien des Clean-Energy-Sektors geschmälert. Die höheren Zinsen belasten die Unternehmen, da sie deutlich mehr finanzielle Mittel für Kredite aufwenden müssen. Gleichzeitig können die Unternehmen die Preise für den Strom (z.B. Solarstrom) nicht erhöhen, da diese Preise normalerweise in den vergangenen Jahren für mehrere Jahre vertraglich fixiert wurden. Das Dilemma von gestiegenen Zinsen und den fixierten Strompreisen wirkt belastend auf die Gewinnmarge und die Investitions- und Innovationskraft der jeweiligen Unternehmen.
Zunehmende Konkurrenz aus China
China ist Weltmarktführer im Bereich der erneuerbaren Energien. Gemäss der internationalen Energieagentur (IEA) dominiert China den Bereich Photovoltaik mit einem Anteil von 75% (Quelle: Executive summary – Solar PV Global Supply Chains – Analysis – IEA). Auch im Bereich der Windturbinen stammt mehr als die Hälfte aller global verkauften Anlagen aus China.
Chinesische Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien sind finanziell solide, profitieren von hohen Subventionen der chinesischen Regierung und haben über die letzten Jahre eine effiziente Lieferkette aufgebaut. Vorteilhaft sind auch die riesigen Infrastrukturprojekte wie beispielsweise die gigantischen Solarprojekte im eigenen Land. Diese erfordern hohe Investitionen in erneuerbare Energien und ermöglichen China sowohl einen technischen Fortschritt als auch Grössenvorteile in der Herstellung. Gegenüber der westlichen Konkurrenz verfügt China deshalb über einen klaren Kostenvorteil.
Ausblick der Migros Bank
Auch wenn sich die Aktien des Clean-Energy-Sektors im Abwärtstrend befinden, bleiben sie aus Sicht der Migros Bank langfristig gesehen eine attraktive Investition. Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien spielen eine wichtige Rolle beim weltweiten Übergang zu einer sauberen und grünen Energiewirtschaft. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und helfen damit, den Klimawandel zu bekämpfen.
Das Bewusstsein für die saubere Energie wächst bei Regierungen und der Bevölkerung stetig. Seit 2018 wird gemäss IEA weltweit mehr in erneuerbare Energien als in fossile Energien investiert. Für 2023 sind Ausgaben für saubere Energie von 1740 Mrd. Dollar geplant, während für fossile Energien bloss 1050 Mrd. Dollar vorgesehen sind (Quelle: Overview and key findings – World Energy Investment 2023 – Analysis – IEA).
Investitionen in erneuerbare Energien dürften in den kommenden Jahrzehnten im Hinblick auf die Pariser Klimaziele und die preislichen Vorteile gegenüber Öl und Gas zunehmen. Mit der Annahme, dass die Zinsen vermutlich am Höhepunkt angelangt sind, stehen die Vorzeichen für eine Erholung der Clean-Energy-Aktien gut, so die Einschätzung der Schweizer Bank.
Fazit des Börsenwerte Verlag-Blogs
In Aktien rund um das Thema Erneuerbare Energien zu investieren, klingt aus Anlegersicht auf den ersten Blick nach einer sicheren Wette. Schließlich ist der Umbau in Richtung Clean Energy voll im Gange und die Wachstumsraten sind bis auf weiteres hoch. Doch der Blick auf den untenstehenden Langfrist-Chart des S&P Global Clean Energy Index zeigt, dass solche Investments beileibe keine Einbahnstraße nach oben sind.
Wenn es läuft, kann es bei solchen Themen zwar rasant nach oben gehen wie etwa im Verlauf des Jahres 2020 geschehen. Doch im Negativfall kann auch die Abwärtsdynamik hoch sein. Insbesondere dann, wenn ein Thema zuvor zu sehr gepuscht worden ist. Denn dann fordern wie weiter oben geschrieben übertrieben hohe Bewertungen ihren Tribut und oft wird auch die Konkurrenz unterschätzt, die in einem wachstumsstarken Segment entsteht.
Folglich sind Megatrends längst nicht so ein einfaches Anlagethema, wie es auf den ersten Blick scheint. Vielmehr lehrt die Erfahrung, dass man allen Marktteilnehmern mit einer gewissen Skepsis begegnen sollte, die bei Megatrends aggressiv zum Kaufen raten, ohne gleichzeitig auch auf die damit verbundenen Risiken hinzuweisen. Eine Ende Ende Februar 2020 eingegangene Wette auf den S&P Global Clean Energy Index hat zum aktuellen Stand jedenfalls unter dem Strich keinen Ertrag gebracht. Selbst mit Blick auf die vergangenen zehn Jahren fällt die Wertentwicklung mit im Schnitt 4,06% p.a. mager aus. Und das, obwohl es sich bei dem unten abgebildeten um einen Performance-Index handelt, der Dividenden einbezieht.
10-Jahres-Chart des S&P Global Clean Energy Index
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