Ist die Party jetzt vorbei?
Leitartikel von Franz C. Bauer
Die ersten Februartage verliefen an Europas Börsen alles andere als erfreulich. Die Kurse bröckelten kontinuierlich ab. Und dann, von der Wall Street ausgehend, zum Wochenbeginn ein kräftiger Kursrutsch, der in den Publikumsmedien auch schon als „Flash Crash“ bezeichnet wurde und seine Bebenwellen über die ganze Welt verteilte. Überraschend ist das allerdings nicht – in der Ausgabe vom 25. Jänner haben wir ja für kurzfristige Trader zu Gewinnmitnahmen geraten. Nach den fulminanten Kursgewinnen ist eine Konsolidierungs- oder Korrekturphase mit Gewinnmitnahmen keineswegs ungewöhnlich, wenngleich der Absturz in dieser Intensität alle überrascht hat. Unsicherheit über die künftige Zinspolitik diesseits und jenseits des Atlantiks verstärkte die Abwärtsbewegung: Die Renditen für solide Staatsanleihen legten merklich zu.
Doch an den globalen Rahmenbedingungen ändert das alles wenig: Sparer werden noch längere Zeit Realverluste hinnehmen müssen, und auch mit Anleihen kann man derzeit real nur verlieren. Die Wachstumsprognosen für heuer sind hervorragend, die einzige liquide Anlagealternative mit der Aussicht auf reale Renditen bleibt daher – solang sich die makroökonomischen Vorzeichen nicht ändern – die Aktie. Die „Goldilock-Phase“ ist jetzt aber vorbei. Die Ereignisse zum Wochenbeginn riefen Anlegern recht drastisch in Erinnerung, dass die Börsen keine Einbahnstraße sind.
Wie geht es weiter? Wenn wir davon ausgehen, dass Börsen die wirtschaftliche Entwicklung etwa ein halbes Jahr bis ein Jahr vorweg nehmen, dann waren die fulminanten Kursanstiege des vergangenen Jahres der Hinweis auf die tatsächlich hervorragenden Konjunkturmeldungen, die uns die Ökonomen in den vergangenen Monaten serviert haben. Das globale Wachstum erreichte 2017 nach jüngsten Schätzungen etwa 3,7 Prozent. Damit hat die Weltwirtschaft praktisch das Vor- Krisen-Niveau erreicht. Doch die Börsen leben nicht von veröffentlichten guten Nachrichten, sondern von der Hoffnung auf noch bessere Nachrichten – und da wird die Luft schon dünn. Die hohen Multiples – die KGVs indexschwerer Unternehmen bewegen sich historisch im obersten Quartil – geben ebenfalls zu denken. Und die zuletzt hohen Lohnsteigerungen in den USA heizen die Angst vor einer Beschleunigung des Ausstiegs aus der Niedrigzinsphase an. Das alles spricht gegen Aktien.
Aber was sollen Anleger mit dem Geld tun, wenn sie aussteigen? Solide Anleihen garantieren nur eines: Reale Vermögensverluste, und die Verzinsung von Cash am Depot können sie überhaupt vergessen. Wer in Panik nicht gleich ausgestiegen ist, wird in den kommenden Monaten nette Dividenden kassieren. Eine Dividendenrendite von zwei Prozent (und mit einer solchen oder mehr) warten zahlreiche Blue Chips auf. Das ändert nichts an der Tatsache, dass Anleger, die im vergangenen Jahr flott verdient haben, nun Kasse machen werden. Das spricht gegen eine rasche und dauerhafte Gegenbewegung.
Sobald sich die Kurse wieder erholen, ist mit der nächsten Welle an Gewinnmitnahmen zu rechnen, die kommenden Wochen werden also durch hohe Volatilität gekennzeichnet sein. Die einstigen Höchststände werden wir so bald nicht mehr sehen, Nervenstarke können aber Tradingchancen nutzen. Langfristig führt aber, solang sich die Konjunktur nicht eintrübt, an Aktien immer noch kein Weg vorbei.
Franz C. Bauer
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