Leitartikel Hanseatischer Börsendienst Nr. 16/2017
von Matthias Rieger
Die deutschen Manager sind bestens gelaunt. Die Stimmung der vom Ifo-Institut befragten 7000 Führungskräfte deutscher Unternehmen ist jedenfalls im Juli auf einen neuen Rekordwert geklettert. Die Führungskräfte deutscher Unternehmen beurteilen die aktuelle Geschäftssituation und die Aussichten damit so gut wie nie zuvor. Doch hat diese Jubelmeldung jetzt, nur wenige Tage später überhaupt noch Bestand? Mit der guten Stimmung in den Chefetagen könnte es bald vorbei sein, da die Autobauer als Motor der deutschen Wirtschaft zunehmend in Schwierigkeiten geraten. Auf Dieselskandal folgten Kartell-Vorwürfe. Es wird immer deutlicher, dass wir vor einem Umbruch in der Automobilbranche stehen, der am Wohlstand Deutschlands rütteln kann.
Die Branche steht vor einem dramatischen Umbruch. Was für Hunde vor einem Fleischereigeschäft gilt, soll nach einem aktuellen Urteil ausgerechnet in der Daimler-Stadt Stuttgart auch für die Diesel-Fahrzeuge gelten: Wir müssen draußen bleiben. Weitere Städte wollen mit dem Fahrverbot für Dieselfahrzeuge nachziehen. Zudem haben wichtige Industrieländer die derzeitige Antriebstechnik als Auslaufmodell definiert: Frankreich und auch Großbritannien wollen ab dem Jahr 2040 keine Verbrennungsmotoren mehr auf ihren Straßen dulden.
Wir steuern somit auf eine vollkommen neue Generation von Fahrzeugen zu – Elektroantrieb statt Verbrennungsmotor. Da braucht es nicht einen Diesel- und Kartell-Skandal, um zu erkennen, dass harte Zeiten auf die erfolgsgewohnten deutschen Autobauer zukommen und der Kampf um Marktanteile vollkommen neu ausgefochten werden wird. Denn das deutsche know how im traditionellen Bau von Automotoren ist unbestritten und unerreicht. Einen solchen Vorsprung gibt es bei den Elektromotoren nicht. Hier ist der US-Newcomer Tesla stark, ebenso wie einige Konzerne aus China. Die Zukunft hält somit einige Unsicherheiten bereit. Doch auch kurzfristig drohen erhebliche Belastungen. Die Absatzzahlen für Dieselfahrzeuge rauschen in den Keller und gleichzeitig sackt mit der zunehmenden Diskussion um Innenstadtfahrverbote natürlich auch der Wiederverkaufswert dieser Autos mehr und mehr in den Keller. Dies trifft nicht nur die Kunden hart, sondern auch die Automobilkonzerne, da viele Fahrzeuge nur geleast sind und somit Daimler, VW oder BWM selber diese Risiken in ihren Büchern haben.
Der zügige Umstieg auf den Elektromotor ist unausweichlich, wird jedoch auch nicht für ein allgemeines happy end sorgen. Schließlich würde die Abkehr vom Verbrennungsmotor ganze Zulieferer-Branchen überflüssig machen, weil viele Komponenten im deutlich einfacher aufgebauten Elektromotor nicht mehr benötigt werden. Daimler, BMW und VW werden sich ein gutes Stück weit neu erfinden müssen. Dies ist ein großes Risiko für dieses Trio, was die Aktienkurse derzeit auch klar reflektieren. Doch in einer solchen Phase mit sehr hohem Pessimismus ergeben sich immer auch Chancen für Börsianer. Es liegt eine spannende Zeit vor uns.
Freundliche Börsentage wünscht Ihnen
Matthias Rieger
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